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Achtung: Relations jetzt auch mit Kodex!

17. November 2013

Als Ausdruck unserer Wertschätzung begegnen wir Bloggerinnen und Bloggern auf Augenhöhe. Wir respektieren ihre Individualität, stellen uns auf ihre persönliche Situation ein, kommunizieren transparent und verbindlich und vergüten ihre wertvolle Arbeit angemessen.

Was Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach für die Agentur achtung! dort als Kodex für die Mikrozielgruppenansprache veröffentlicht hat, war gleichzeitig auch Thema einer Session von Djure Meinen (achtung!-Mitarbeiter) auf dem Barcamp Hamburg, das in den Räumen des Otto-Versands stattfand. Während ich die Veröffentlichung dieser Beta-Version als mutig und konstruktiv erachte, schaudert es mich dennoch ein wenig. Willkommen in Deutschland, dem Land der Regeln. Dem Land, in dem alles erlaubt ist, was nicht explizit verboten ist.

Die Diskussion um Blogger-Beziehungen (neudeutsch: Blogger-Relations) ist genau die aktuelle Sau, die gerade durch das deutsche Internet-Dorf getrieben wird. Nahezu alle haben sich  schon dazu geäußert. Wir sind kurz davor, dieses Thema als neues Studienfach zu erheben (mit DIN-Norm, versteht sich). Und es ist gleichzeitig beschämend. Der Kodex, oder vielmehr die vermeintliche Notwendigkeit, einen solchen veröffentlichen zu müssen, ist eigentlich die Beschreibung von etwas, das viele Menschen kennen sollten: der Selbstverständlichkeit.

Influencer, Meinungsführer, Experten – den fleißigen und in vielen Fällen auch kompetenten Bloggern wird gerade eine Wertschätzung herangetragen, die sich in den letzten Jahren entwickelt hat. Sie sind für viele – insbesondere den hichelnden Social Media-Agenturen – die Perlen, denen sie sich hektisch widmen. Im ohnehin, wenn auch langsam stattfindenden, digitalen Shift sind sie gerade begehrt. Es gibt gute Bloggerinnen und Blogger, viele mittelmäßige, natürlich Aufschneider und Blender, Betrüger; es gibt auch schlechte.

Was aber bewegt achtung! nun, extra einen Kodex zu entwickeln? Wohl schlicht die Tatsache, dass es eben nicht überall so geschieht, wie es eigentlich selbstverständlich sein sollte. Den Bloggerinnen und Bloggern wird gerade so viel Aufmerksamkeit geschenkt, weil sie irgendetwas bewegen. Was genau, weiß eigentlich niemand. Und geschenkt ist nicht gleich geschenkt. Denn es fließt nunmehr Geld. Dort, wo klassische Ansprache nicht mehr gelingt, wird nun gekauft und bezahlt. Ob Reise-, Auto-, Beauty- oder Familienbloggerin: Hier pampern, hier bezahlen, hier einladen, hier engagieren. Das Blogger-Umfeld erlebt das, was Journalisten seit vielen Jahrzehnten widerfährt: Zuweilen gekaufte Aufmerksamkeit. Jeder Link wird dabei den Controllern herüber geschoben, jedes positive Sentiment in eine bereits vorbereitete Excel-Tabelle gecopypasted. Dann wird eine Flasche eines brausigen Getränks geköpft: Erfolg.

Ein fragwürdiger Erfolg, weil bis heute nur wenige in der Lage sind, in der Customer-Journey nachzuweisen, dass der richtige Link zur richtigen Kaufentscheidung geführt hat. Ach ja, es geht um das Kaufen. Noch immer, immer wieder.  Was zweifellos richtig ist. Nur ist bisher noch immer nicht klar, was dieses sogenannte Social Web dazu beitragen kann. Ausnahmen bestätigen die Regel. Die Kommunikation im Netz ist noch immer ein Experiment.

Der Kodex von achtung! ist gut. Er wird vielleicht und hoffentlich eine Diskussion anstoßen. Die auch notwendig ist. Und ist dennoch nur ein kleiner Punkt in einer digitalen Entwicklung, die derzeit niemand absehen kann. Vielleicht gibt es eine Blogger-Blase, die irgendwann platzen wird. Und vielleicht gibt es eine ganz andere Entwicklung, die derzeit auch noch niemand absehen kann.

cdv!

 

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