Allgemein Begegnungen

Feierabend im Swinger-Club

9. Februar 2018

Eigentlich alle sind schwarz gekleidet. Warum? (Liebe Frauen, ich habe lange nach Stock-Fotos von Herren in schwarzer Unterwäsche gesucht: Nicht gefunden! Sorry!

Das nächste Mal ziehe ich ein Blümchen-T-Shirt an, und eine mit Blümchen bedruckte Unterhose. Alle sind schwarz gekleidet. Einige Männer sogar martialisch in Lederschurzen oder gar Röcken. Mit Stiefeln. Viele haben einfach nur ein schwarzes T-Shirt und einen schwarzen Slip an. Ein einziger trägt einen String-Tanga, der nur seinen Penis knapp bedeckt. Bei einigen wenigen Frauen ist Farbe angesagt. Die Brüste frei. Viele auch hier im gestrengen schwarz. Warum?

Feierabend-Party im Swinger -Club, irgendwo im Ruhrgebiet. Warum? Weil ich noch nie in einem Swinger-Club war. Weil ich wissen will, wie die Menschen da ticken. Und weil ich an ihrem Lebensmodell interessiert bin. Weil ich gerade ein genaues Auge auf die Generation Ü50 habe. Ich denke über das Thema „Offene Beziehung nach“. Weil ich Friedemann Karig gelesen habe. War spannend. Weil ich, wie immer, sehr neugierig bin.

Swinger-Party: Ein üppiges Buffet inclusive

Der Preis ist vertretbar. Männer zahlen 39 Euro. Mit Buffet. Und das ist, wie sich heraus stellt, tatsächlich nicht ganz von schlechten Eltern. Zarte Schnitzel, Schweinebraten, Salate, Pizza, Nudeln, Suppe und sogar Curry-Wurst, dazu Kuchen und Süßkram. So viel man mag. Getränke sind im Preis auch inbegriffen.

Hose und Hemd ausziehen, Wertsachen eintüten, abgeben, hinein ins Getümmel. Das Dummerchen denkt natürlich nicht an die Kleidung. Ich also im weißen (!) T-Shirt, graue Unterhose. Bestimmt peinlich. Sagt aber niemand. Die Musik so Disco, zuweilen etwas zu laut. Hier und da wird ein wenig geküsst und gefummelt. Mehr ist gerade nicht. Ich habe einen Sitzplatz im schummrigen Dunkel an der Tanzfläche. Sehe von dort Sitzmöbel, einige Liegeflächen, in der Mitte der Tanzfläche eine Poledance-Stange. Aha, so sieht also ein Swinger-Club aus.

Eins ist beim Überblick schnell klar: Heftiger Männer-Überschuss. Man steht mal da, dann mal da. Immer mal wieder ist Bewegung im Pulk. Erstaunlich wenig Gespräche. Nur am Tresen sitzen einige Paare und auch einige Herren. Da wird gesprochen. Die meisten Herren sind alle so in meinem Alter, also über 50, mit einigen Ausnahmen so um die 30. Die Frauen: Von etwa 30 bis wiederum in meinem Alter. Nach einer halben Stunde Gucken ist mir schon etwas langweilig. Also hole ich mir etwas zu essen. Wie gesagt, die Schnitzel sind zart und ganz gut, der Salat sogar knackig.

Was man sofort spürt: Respekt. Hier wird niemand ungefragt angefasst. Alles ist locker. Andererseits: Die suchenden Herren reden nicht. Die Damen spreche ich zunächst nicht an.

Die Männer haben ihren Penis in der Hand

Dann lässt mich ein vernehmbares Stöhnen aufhorchen, hinter mir. Kurz umgedreht: Da geht die Post ab. Sehen kann ich nicht viel, denn eins ist klar: Da, wo die Post abgeht, stehen auch die einsamen Männer. Was ich dann schemenhaft erkennen kann: Eine etwas beleibtere Frau vergnügt sich dort mit zwei Männern. Während der eine sie heftig fingert, das lässt sie stöhnen, stößt der andere junge Mann unentwegt seinen Penis in ihren Mund. Dann noch Doggy-Style, erst der eine, dann der andere. Was mir beim ersten Mal nicht gleich auffällt: Alle umstehenden Männer haben auch ihren Penis in der Hand, sie wichsen in ihre Handtücher. Das geht eine geraume Weile.

Wenig später. Er ist groß und kräftig, kurze und blonde Haare, trägt eine Lederweste, kurze Leder-Shorts. Sie etwas kleiner, lange blonde Haare, Lederweste und Lederrock. Schräg gegenüber von meinem Sitzplatz, ich immer noch das Schnitzel und den Salat kauend, beginnt es mit einem Blow-Job. Dann steht sie auf, ein Bein angewinkelt, er dringt mit langsamen Stößen in sie ein. Stellungswechsel: Er dringt mit seinem Penis von hinten in sie ein. Immer noch langsam, sehr konzentriert, das bleibt auch so. Um die beiden herum stehen, genau, etliche Männer. Einmal raten, was die in ihrer Hand haben…

Ich trinke noch ein alkoholfreies Bier. Neben mir ein Frau, vielleicht 50 Jahre alt, mit einem einzigen altrosa-farbenen Bustier, die großen Brüste frei, Strapse, schwere Stiefel aus Kunststoff, auch etwas martialisch. Eigentlich ist sie unauffällig, kurze dunkle Haare, hat ein sympathisches Gesicht, lacht aber nur einen einzigen Mann an. Vermute schließlich, dass es ihrer ist. Er, etwas wirres und graues Haar, kleine Brille, etwa 60 Jahre alt, kommt schnell zur Sache. Sie sitzt direkt neben mir, nur durch eine kleine Balustrade getrennt, er steht ihr gegenüber. Schnell mal über die Brüste gestrichen, dann greift die Hand in ihren Schoß. Er fingert sie heftig. Sie stöhnt, lehnt sich mit dem Oberkörper an sie, zuckt konsulvisch, kommt vielleicht sogar. In ihrer Hand sein Penis. Bis er kommt. Dauert nicht so lange Die beiden kennen sich ziemlich gut. Das geht im Laufe des Abends einige Male so. Andere möchten gern mal anfassen, dürfen aber nicht. Ein kurzer ablehnender Wink genügt. Den Drink in ihrer Hand lässt sie nicht los.

Ganz andere Swinger: Die älteren Männer suchen Action

Irgendwann tun sie mir leid. Diese einsamen etwas älteren Männer, die die Action suchen. Immer mal wieder tut sich etwas auf den Liegeflächen. Meist eine Frau mit entweder einem Mann, meistens mit mehreren. Und die anderen Herren sind sofort da. Den Schwanz in der Hand. Zwei Frauen an diesem Abend haben dazu Lust. Weil immer eine ganze Horde davor steht, kann ich es schon wieder nicht genau erkennen. Die etwa 40jährige Frau, mit männlicher Begleitung in den Club gekommen, hat Sex mit etwa fünf Männern, die sie penetrieren, sie lecken, sie streicheln, sich von ihr einen blasen lassen. Nebenan lässt sich eine Frau langsam rücklings fallen, eine Maske über die Augen streifen, sich berühren lassen. Sie wird geleckt und gestreichelt, auch penetriert, es sind etwa acht Männer, die sich dicht um sie drängen, und immer wieder mal ihre Brüste anfassen..

Zunächst fast unbemerkt steigt ein junges Paar auf eine Liegefläche, die mit Stäben umgeben ist, hat etwas von einem Käfig. Sie etwa Mitte 20 Jahre alt, er noch keine 30 Jahre alt. Die Nummer, die sie dann dort veranstalten, ist ziemlich lang und ausdauernd. Bemerkt nur lange kaum jemand, weil sie ziemlich still sind. Während die beiden sehr lange Spaß miteinander haben, dräuen sich die alten Männer wieder so da und dort. Einer der Jüngeren hält schließlich seinen erigierten Penis in einer Öffnung am Kopfende hinein, während sie auf ihrem Galan reitet. Und sie tut dem Besucher den Gefallen. Als die beiden den Käfig verlassen, leuchten ihre Augen etwas erschöpft und gleichwohl strahlend.

Nach etwas mehr als zwei Stunden habe ich genug gesehen. Zwei Frauen, die ich neugierig und freundlich ansprechen will, winken sofort ab. Mein Eindruck des Abends: Show. Die erfahrenen Frauen, die sich den durchaus bekannten Herren vor Publikum hingegeben haben, sind Teil des Programms. Bei den etwas jüngeren Damen wurde ich nicht schlau, keine Ahnung. Den zahlenden Herren, die vielleicht mal anfassen dürfen, denen vielleicht mal die weibliche Zunge über die Eichel schlappt, wird am Abend schon das ein oder andere zum Anschauen geboten. Zum richtigen Sex kommen die aber nie, das ist klar.

Vermisse Phantasie und Frivolität

Was ich vermisst habe: Etwas mehr Phantasie bei der Kleidung, also etwa Herrenslips mit Blümchen. Etwas mehr lockere Gespräche, gern auch mit jedermann und jederfrau über das Wetter oder über Schalke 04. Etwas mehr Ungezwungenheit, etwas mehr Party. Ich frage mich, ob sie wirklich Swinger sind. Was sie können: Sie lassen andere zusehen. Ob sie es mögen, weiß ich nicht. Wie geht es den Frauen dabei, was ist mit ihrer Selbstbestimmtheit? Spaß haben wäre so eine Sache. Gleichsam wäre es wohl nicht meine, vor anderen vor allem unbekannten Menschen Sex zu haben. Ginge vielleicht noch, wenn ich nicht um die einsamen Herren wüsste, die auch am liebsten noch mit anfassen.

Am Ende. Ist nicht so meins. Mal spannend, das erlebt zu haben. Das schummrige Licht ist ok. Das viele Schwarz eher nicht so. Ich hatte mehr Frivolität erwartet, vielleicht sogar auf etwas höherem Niveau. War aber nicht so. Na, dann. Dennoch: Eigentlich muss ich noch mal hin. Weniger gucken, mehr fragen. Wie lange sie das schon machen, was es ihnen bedeutet, wie sie sich fühlen, was sie sonst in ihrem Leben noch so machen.

Ein Pärchen sitzt wieder vorn am Tresen, sie essen, ach, Schnitzel und Salat. Er etwa 50, sie deutlich jünger. Begonnen hatten sie den Abend auf einer Liegefläche, viele Küsse. Bis ich zufällig bemerke, dass sie abwinkt. Sah nach einem Versuch aus. Ich ziehe mich schließlich wieder an, nehme meine Wertsachen entgegen, streife meine Jacke über, das Mützchen auf den Kopf. Will unbedingt das Pärchen noch fragen. Und sie sind schon weg.

cdv!

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  • MissCuriosity 11. Februar 2018 at 15:03

    Ich glaube, was einen großen Unterschied macht in der Atmosphäre ist, ob einzelne Männer als Gäste reingelassen werden oder nicht. Bei Swingerpartys, wo nur (hetero)Paare reinkamen, war meiner Erfahrung nach deutlich mehr Aktivität und weniger zuschauen. Es gibt sogar Clubs, da kommt man nur rein, wenn man mehr an hat als Unterwäsche. Es gibt dort dann Bereiche, in denen man nur angezogen rumhängt und Bereiche, die mehr oder weniger textilfrei sind. Auch das finde ich für die Stimmung durchaus angenehm. Ich hab in letzter Zeit einige Berichte gelesen von Menschen, die sich so nen Swingerclub mal anschauen wollten und meist war das Fazit, dass es irgendwie eine traurige Veranstaltung war, wo zu viele einzelne Männer sabbernd am Rand stehen. Wenn man ein bisschen sucht, findet man durchaus auch Veranstaltungen, die lustvoller sind. Wenn du also nicht komplett die Lust auf solcherlei Partys verloren haben solltest, einfach noch ein paar andere Formate ausprobieren. Die Kunst und Sünde Party oder Schloss Milkersdorf würde mir da einfallen.

    • cdv 11. Februar 2018 at 19:46

      Das sind großartige Hinweise und durchaus richtige Bemerkungen. Vielen Dank. Ob ich da noch weiter ausprobieren möchte, weiß ich im Moment nicht. Oder.., eigentlich doch. Kann nur besser werden. :)

  • Alexandra 11. Februar 2018 at 17:43

    Sehr geehrter Herr de Vries!

    Als ich diesen Post das erste Mal las, habe ich nach Luft geschnappt und wollte jede Menge „Ja, aber!“ raushauen. Glücklicherweise habe ich rechtzeitig bemerkt, dass der Übereifer mit mir durchzugehen droht und also erst mal „sacken lassen“.

    Nun. Ob das Folgende dadurch nun sachlicher und reflektierter ‚rüberkommt, müssen Sie beurteilen.

    Zunächst: Nach meiner Wahrnehmung wird das viele Schwarz nicht als „gestreng“ zelebriert, sondern als edel. Ich selbst bin bekennende Schwarzträgerin, die Farbe macht aber auch einen nicht unerheblichen Teil meiner Gesamtgarderobe aus.

    In Swingerclubs im Allgemeinen mag es in Verbindung mit allerlei von Ihnen richtigerweise als „martialisch wirkenden“ Accessoires dieses Schwarz auch deshalb so weit nach vorne gebracht haben, weil BDSM in der Szene allgemein gerade en vogue ist. Dabei mögen viele Menschen offenbar die damit verbundene Ästhetik, ohne freilich BDSM selbst zu praktizieren oder zu leben.

    Wie bei vielen Dingen sind die Grenzen fließend – so mein Eindruck.

    Ich gehe hin und wieder in Swingerclubs – trotzdem betrachte ich mich nicht als Swingerin im strengen Sinn des Begriffs … weil, die Grenzen, s.o.

    Ich gehe allein hin und kann mich sicher vor Übergriffen fühlen. Und ich kann ausgezeichneten Sex haben dort. Ich gehe aber durchaus auch mit einem Mann hin und habe nur mit diesem Sex.

    Ich gestehe, dass ich es als anregend empfinde, anderen Paaren beim Sex zuzusehen. Vielleicht ist das ein gemeinsamer Nenner derjenigen, die in einen Swingerclub gehen?

    Eigentlich ein sehr weites Feld, zu dem ich noch eine Menge sagen könnte – aber das hat mit meinem persönlichen Beziehungsmodell zu tun und sprengt hier wohl auch den Rahmen.

    Eines aber muss ich noch anbringen: Solomänner, die applauswichsend an agierenden Paaren kleben wie Schmeißfliegen an einem rohen Stück Fleisch sind nicht symptomatisch für Swingerclubs. Das hängt stark an der Philosophie der Betreiber und heißt auch „Türpolitik“.

    Demzufolge sind Clubs so vielfältig und verschieden wie die Szene heterogen ist.

    • cdv 11. Februar 2018 at 19:48

      Ich finde das super sachlich und sehr reflektiert. Lieben Dank. Ein Grund mehr, vielleicht doch nach besseren und anderen Formaten zu suchen. Was die Rahmen-Sprengung angeht, nur zu. Hier ist Platz genug. ;)

      • Alexandra 14. Februar 2018 at 11:34

        Von allem abgesehen, finde ich ja den Mut bemerkenswert, sich allen erwarteten Szenarien zum Trotz aufgemacht zu haben, diese Welt zu erkunden. Ich kenne überproportional viele Männer, die sinngemäß äußern, doch sehr neugierig auf Swingerclubs zu sein, sich jedoch nicht hinein zu trauen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.