Allgemein Arbeit

Selbstverständnis

22. Oktober 2011

Wie sehr sich das Bild von und auch das Selbstverständnis der Medien geändert haben, zeigten zwei smarte Herren in München ganz unaufgeregt. Denn während man mit dem hippen Thema „Mobile – Local -Social“auf den Münchener Medientagen schon mal feststellte, dass es jetzt auch das Internet gibt, hatte diese ganz andere Interessen. Und vertraten sie auch. Beeindruckend, durchaus.

Und dann tun sie einem schon manchmal ein wenig leid, diese großen Programmmacher aus den ehemals so mächtigen öffentlich-rechtlichen Sendern, diese Verlags-Chefs von so ehemals namhaften Zeitungen oder Zeitschriften. Also die, die heute so laut über dieses schnelllebige Internet klagen, also über die klägliche Kostenlos-Kultur der Konsumenten, immer nur alles haben zu wollen. Wie widersinnig diese Diskussionen zuweilen werden, machen dann die Aussagen eines Verlagsvertreters deutlich, der ohne mit der zuckenden Wimper auf den Internet-Giganten google schimpft und ein Leistungsschutz-Recht fordert, und nur zwei Sätze später die Suchmaschine und das Bemühen der amerikanischen Firma lobt. Aha!?

Und inmitten dieser klagenden Herren sitzt ein ruhiger Herr. Der sich alles anhört, der kaum eine Miene verzieht; und dem es dann doch ein wenig zu bunt wird. „Meine Herren“, sagt er, und sie dürfen sich dabei gern das österreichisch klingende Deutsch vorstellen: „Hören sie doch auf zu streiten“.  Und fügt dem erstaunten Publikum zur Erklärung weiter hinzu: „Wir können uns unsere Partner aussuchen, weil die sich ohnehin immer streiten“.

Der Mann ist Magister Alexander Koppel, er ist 37,  und  Chief Commercial Officer CCO of Red Bull Media House. Die starke Marke Red Bull hat es nunmehr einfach umgedreht und schielt schon lange nicht mehr nach Medienpartnern. Ach ja, es hat sich umgedreht: Die schielen jetzt dahin. Und wer einen erfolgreichen Formel 1-Rennstall sein eigen nennt, wer so viele „Events“ veranstaltet, wer so viel Aufmerksamkeit unter den eigenen Konsumenten schafft, der kann schließlich auch das eigene Mediaunternehmen sein eigen nennen. Und alle anderen können „den Content gern kaufen“. Da hat man sich noch an einem TV-Sender eingekauft, und probiert ganz viele andere Dinge. „Das läuft“, sagt Koppel.

Frederick Huntsberry kennt die große Bühne. Im großen Saal des Münchner Messezentrums zeigt er lässig, was ihn nervt. Und dann nutzt man mal die große Bühne, um dort zu zeigen, wie kriminell das Internet ist. Denn dort, so Huntsberry, dauert es nur drei Klicks, um bei den Share-Hostern eine Kinofilm, auch noch einen aktuellen, zu sehen. Nicht mal runterladen, einfach nur sehen. Und er rechnet vor, was sie, die große Paramount Pictures, wo Huntsberry der Chief Operations Officer ist, das kostet.

Und dann werden schnell aus Millionen weitere Millionen, irgendwann sind es Milliarden, die diese Industrie verliert. Hunderttausende Links auf wenige Filme, die das Laden der heute digitalen Zelluloidstreifen ermöglichen, spüren sie nahezu unermüdlich nach. Und können doch nichts tun. Den großen Share-Hostern will man an den Kragen, doch auch in den Staaten geht das nicht auf Knopfdruck. Es ist nur eine leichte Resignation, die man dem sonst optimistischen Manager anmerkt. Aber wohl eine andauernde.

Zwei Männer. Und während der eine eine Marke ausbaut, experimentiert und mit größtem Vergnügen viele neue Dinge in diesem ja nicht ganz so neuen Internet probiert, versucht der andere, das schon seit vielen Jahren erprobte Geschäftsmodell auf Teufel komm raus zu bewahren. Mal abwarten, die das ausgeht.

cdv!

P.S.: Das Selbstverständnis der Münchner Medientage hat Thomas Knüwer ein wenig beleuchtet.

 

 

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