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Ganz gut: Trennung

2. Mai 2019

Es begann in Aachen. Nach dem Umzug von der schwäbischen Ostalb in die wunderbare Grenzstadt stand erneut der Umzug in die bayerische Grenzregion an. Nahezu anderthalb Jahre im Keller, weil in der kleinen Wohnung kein Platz dafür: Etwa 800 Bücher, die schon etliche Umzüge hinter sich hatten. Einige seit etwa 30 Jahren. Ein kurzer nachdenklicher Moment, dann der Cut: Hinfort mit euch. Trennung. Ich stellte sie auf die Straße. Kartonweise, nachdem Junior und ich sie durchgeschaut hatten. Behalten? Oder gehen lassen? Übrig blieben vielleicht 200, zu denen ein besonderes Gefühl da war, eine besondere Erinnerung, eine besondere Bedeutung. Innerhalb weniger Tage hatten die losgelassenen Bücher neue Besitzer gefunden. Alles gut.

Was gelang: Die neue üpprige 90-Quadratmeter-Wohnung in der wunderbaren Oberpfalz nicht erneut zu befüllen. Das nötigste Inventar angeschafft; gleichsam den beibehaltenen Plan immer Kopf: Innerhalb drei Tagen umziehen zu können. Was dann auch gelang, wenn auch nur mittelgut geschätzt. Ich brauchte nur zweieinhalb Tage, meine Habseligkeiten nach einigen Jahren für den nächsten Umzug zu verstauen. Im neuen und sehr überschaubaren Domizil mittlerweile in Nordrhein-Westfalen passte alles.

Als Prozess, hier der nächste Cut: Kleidung. Jahrelang hatte ich meine wertvollsten Hemden, insbesondere diese, gehortet; ewa 60 an der Zahl. Nun waren sie dran. Auch die Trennung von Hosen war mir bislang schwer gefallen, wenn sie nicht schon von selbst auseinander fielen. Die Körbe waren voll, die sozialen Einrichtungen, so die Weitergabe noch vertretbar war, um einige Stücke reicher. Der ehrgeizige Plan, einen der drei kleinen Schränke abbauen zu können ließ sich aber bisher noch nicht in die Tat umsetzen. Ich arbeite daran.

Oftmals stehe ich vor meinen Geschirrschrank. Warum habe ich so viele Gläser, so viele Tassen, so viele Teller? Und dabei sind sie im Vergleich zu anderen Menschen, die ich kenne, wenige. Ich lebe seit vielen Jahren allein. Für mich sind sie zu viel. Warum habe ich etwa 15 Trockenhandtücher? Ich brauche, wenn es wirklich hoch kommt, drei. Mehr nicht. Im Badezimmer: Ich habe vielleicht 20 Handtücher, ich brauche lediglich drei. Ok, vier, wenn häufiger Besuch kommen würde. Kommt nur gerade nicht.

Demächst sind wieder die Bücher dran, weil sich natürlich auch wieder etwas angesammelt hat. Dann gelange ich an Schubladen, an immer noch vorhanden Kisten, an Fächer. Und immer wieder: Die Trennung davon. Ein kurzer Blick, ein Gefühl, ein kurzer Abschied. Das war es mit uns beiden.

Schon etwas schwieriger ist die Trennung von Menschen. Aber auch ganz gut. Getrennt habe ich mich von Menschen, die von mir Besitz ergreifen wollten, die nicht wissen, wie wichtig Freiheit in einer Beziehung ist. Getrennt habe ich mich von Menschen, die lediglich und leider auch fachlich nur oberflächlich daher huschen, und leider nicht in der Lage sind, sich selbst und ihre Beziehungen zu reflektieren. Getrennt habe ich mich von Menschen, die kaum in der Lage waren, aus ihrem Ich und ihrer Welt zu blicken; getrennt auch von Menschen, die nicht in der Lage waren und sind, ihre Inkonsequenz und ihren Narzissmus selbst zu erkennen. Ich erkannte, dass ich ihnen nicht helfen konnte. Dann war der Schritt leicht.

Nach den schmerzhaften Trennungen, die ich nicht selbst initiiert hatte und unter denen ich zuweilen lange gelitten hatte, waren die nun selbst entschiedenen Trennungen eine Befreiung. Ok, es hat immer ein wenig gedauert, wenn auch nicht verzweifelnd. Das Gefühl am Ende: Freiheit. Gleichwohl eine Freiheit, die das Wohlbefinden für das Alleinsein nur verstärkt. Alles richtig gemacht.

Die Erkenntnis aktuell: Die Trennung ist ein logischer konsequenter Schritt, der am Ende befreit. Sie schafft klare Verhältnisse, bringt neuen Raum für eigene Erkenntnisse, unterstreicht die Bedeutung der eigenen Werte. Auch, wenn sie in diesem Moment nicht erfüllt werden, etwa Wünsche an die Zukunft, Hoffnungen. Andererseits schafft die Trennung Raum für neue Gedanken und Ideen. Es gilt, das Warten auszuhalten, in der Zeit inne zu halten, sich zu besinnen, neue Entscheidungen zu treffen. Das ist gut.

cdv!

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