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Luca-App: Die Daten im Märkischen Kreis

14. April 2021

Der Datenschutz der Bürger:innen im Märkischen Kreis ist nicht so wichtig. Genau dieser Eindruck entsteht, wenn man die Antworten von Landrat Marco Voge und der CDU-Kreistagsfraktion auf meine Fragen zur Nutzung der Luca-App liest. Weiterer Eindruck: Die Kommunalpolitik schiebt die Verantwortung für die Daten auf die Bürger:innen, denn „die Nutzung der Luca-App ist freiwillig“.

Am Freitag, 9. April, hatte ich dem Landrat und allen Fraktionen außer der AFD, eine E-Mail geschickt mit einigen Links zu vielfältiger Kritik an der App, und mit genau diesen Fragen:

Können Sie bitte mir und auch der Öffentlichkeit erklären, wie Sie sich bei dieser Tatsachenlage und der Ankündigung der „offiziellen“ Corona-Warnapp, in Kürze ein ähnliches Feature anbieten zu können, sich schon jetzt für die Luca-App entschieden haben?

Welche Haushalts-Mittel in welcher Höhe sollen für die Verwendung der Luca-App gezahlt werden?

Welche anderen Tracing-Apps wurden vor der Entscheidung für die Luca-App mit welchem Verfahren in die Entscheidung mit einbezogen?

Schon gestern (!) erreichte mich die Antwort der CDU-Fraktion im Kreistag des Märkischen Kreises, nun heute auch die Antwort des Landrates Marco Voge. Die Antwort ist in vielfacher Hinsicht beredt: „Die von Ihnen angesprochenen Kritikpunkte werden öffentlich vielfältig diskutiert. Selbstverständlich ist die Verwendung der App freiwillig. Darüber hinaus bleibt die Kreisverwaltung anbieteroffen – auch im Hinblick auf eine eventuell landesweit einheitliche Schnittstelle bzw. App-Lösung. Auch die Anbindung der Initiative „Wir für Digitalisierung“ wird somit derzeit geprüft. Darüber hinaus stellt auch die Erweiterung der Corona-Warn-App eine Möglichkeit dar, der sich der Märkische Kreis selbstverständlich nicht verschließen wird“, heißt es in dem Antwortschreiben, das im Auftrag des Landrats verfasst wurde.

Auch der Vorsitzende der CDU-Kreistagsfraktion, Karsten Meininghaus, überlässt die Verantwortung für den Datenschutz den Bürger:innen. „Die von Ihnen angeführten datenschutzrechtlichen Bedenken sind durchaus bekannt. Die Nutzung der App ist nicht verpflichtend und somit freiwillig. Wie bei jeder anderen Applikation auch steht es den Nutzerinnen und Nutzern somit frei, die berechtigten Bedenken mit den Vorteilen der App abzuwägen und eine selbständige Entscheidung zu treffen.“, schreibt Meininghaus.

Optimismus für Handel und Gastronomie

Das Ziel des Märkisches Kreises und der Verwaltung wird in der Antwort des Landrats deutlich beschrieben: „Ziel war es, frühzeitig ein klares Signal für Gastronomie, Handel oder Kultureinrichtungen zu setzen, damit diese die nötige Planungssicherheit haben. Viele Einrichtungen, Betriebe und Unternehmen haben bereits ebenfalls an der Einrichtung gearbeitet und vor Ort die Voraussetzungen geschaffen. Somit ist der Märkische Kreis im Hinblick auf die Möglichkeiten der digitalen Kontaktnachverfolgung frühzeitig gut aufgestellt“, heißt es im Antwortschreiben des Landrats. Und weiter: „Trotz des aktuell hohen Infektionsgeschehens im Märkischen Kreis ist die erfolgreiche Anbindung der Apps eine wichtige Säule, um zukünftig eine Perspektive zu haben. Die Apps sollen dazu beitragen, bei zukünftigen Öffnungsschritten die Lage mit einer guten Kontaktnachverfolgung unter Kontrolle zu behalten. Dafür war es wichtig, bereits jetzt die Grundlage zu schaffen.“

Erstaunlich ist, wie ungerührt sowohl Landrat Marco Voge als auch Karsten Meininghaus die datenschutzrechtlichen Bedenken, die ja in den letzten Tagen noch wesentlich lauter geworden sind, ignorieren. Mit den Betreibern der Luca-App wurde ein Kooperationsvertrag geschlossen, Kosten fallen für diese Kooperation laut den Antwortschreiben des Landrats nicht an. Interessant ist weiterhin, dass keiner von beiden die Frage nach anderen möglichen Anbietern von Tracing-Apps beantwortet hat. Was für mich wiederum bedeutet, dass es keine Diskussion der Auswahl gab. Wer auch immer von den beiden Rap hört, das Smudo-Marketing hat hier funktioniert, ohne auf die weiteren Folgen zu schauen. Dass man der Initiative „Wir für Digitalisierung“ offen gegenüber ist, erscheint etwas lapidar.

Die Meinung der Bürger:innen: Egal

Dass die die zunehmende Kritik an der Luca-App immer lauter wird, lässt sich leicht an der Stellungnahme des Chaos Computer Clubs (CCC) vernehmen: „Dennoch verschwenden immer mehr Länder ohne korrektes Ausschreibungsverfahren Steuergelder auf das digitale Heilsversprechen. Mecklenburg-Vorpommern will die Installation sogar zur Voraussetzung der Teilhabe am öffentlichen Leben machen“ heißt es hier. Neben den fragwürdigen Vergabe-Verfahren kritisiert der CCC natürlich auch die Technik der Luca-App: „Die bisher gefundenen Schwachstellen und Peinlichkeiten der Luca-App sind ein bunter Strauß der Inkompetenz“, wird hier formuliert, es folgt eine lange Liste.

Den beiden E-Mails, die mich erreicht haben, lässt sich nicht entnehmen, dass man da noch eine neue Überlegung anstellen wird. Spannend wird also nun, wie der Märkische Kreis und die angeschlossenen Kommunen diese „Freiheit der Entscheidung“ den Bürger:innen gegenüber kommuniziert. Denn der Optimismus, den man gerne dem Handel und der Gastronomie gegenüber versprühen möchte, wirkt nur so mittel, wenn aufgeklärte Bürger:innen künftig etwa die Luca-App aus datenschutzrechtlichen Gründen ablehnen werden. Gleichwohl kann sie dem Landkreis nur helfen, wenn möglichst viele Bürger:innen die App nutzen, in Kooperation mit dem Einzelhandel und der Gastronomie. Warum aber sollten sie das angesichts der vielfach geäußerten Bedenken tun? Die Frage wird vermutlich offen bleiben.

Wer nun hier die Antworten von SPD, Grünen, FDP, UWG und Linken vermisst, dem wird auf das vorsauerländisch, digitale Phlegma verwiesen. Kurzum: Es gibt sie nicht. Der Landrat war so nett, die Fraktionen in seiner E-Mail an mich in cc zu nehmen. Ich harre der Dinge.

cdv!

 

 

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