Allgemein Alltags-Notizen

Kommunalwahl: Mehr Demokratie durch mehr Digitalisierung

1. Oktober 2020

Heute ist Donnerstag, der 1. Oktober. Seit den Stichwahlen zur Entscheidung über das Bürgermeisterinnenamt sind vier Tage vergangen. Die Wahlentscheidung war knapp. Nur etwa 24.000 Bürgerinnen machten an diesem Tag von ihrem Wahlrecht Gebrauch. Genau 11.912 Stimmen konnte am Ende die Kandidatin der CDU, Eva Kirchhoff, verbuchen. Der Kandidat der Wählergemeinschaft DieIserlohner, Michael Joithe, verzeichnete 12.007 Stimmen. Und wurde damit Bürgermeister. Das ist Demokratie.

Woran kaum jemand denkt: Diese Information erreicht die Bürgerinnen nicht. Während früher der Griff zur Tageszeitung vielleicht Klarheit geschaffen hätte, weiß heute nahezu jeder, dass das kaum noch der Fall ist. Selbst für mich nicht. Und leider ist die Online-Alternative des Iserlohner Kreisanzeigers keine (Disclaimer: Ich habe dort vor etwa 30 Jahren ein Volontariat absolviert). Während einige Beiträge zur Kommunalwahl noch frei ersichtlich waren, klemmen nun die Beiträge der Nachberichterstattung hinter der Paywall. Kann man machen. Kann man auch anders machen. Ich kann an den Überschriften erkennen, das die CDU entsetzt ist, vielleicht sogar das Ergebnis prüfen lassen möchte. Mehr nicht.

Die Stadt ist auch nicht so transparent

Als durchaus online-affiner Mensch schaue ich also auf den Seiten der Stadt Iserlohn, um vielleicht dort mehr erfahren zu können. Ergebnis. Fast null. Natürlich weiß ich um die Ergebnisse, die am Sonntag dargestellt wurden. Es braucht jedoch etliche Minuten, bis ich endlich das Protokoll des Wahlprüfungsausschusses finde. Also ist das Ergebnis schon mal amtlich. Aber eine Information der Stadt auf ihrer Homepage gibt es nicht.

Da es mich durchaus sehr interessiert, wie die allgemeine Gemengelage der nun im Rat vertretenen Parteien und Gruppierungen sowie der Spitzenkandidatinnen ist, suche ich zunächst auf deren Web-Seiten, dann auf den Facebook-Seiten. Das Ergebnis: Null! Auf Facebook und in einem Blogeintrag hatte ich am Anfang der Woche schon mal genörgelt, dort reagierte nur die UWG, um am Ende auf deren Seiten nicht zu reagieren.

Die digitale Darstellung der Parteien

Die CDU Iserlohn veröffentlicht immerhin eine Anfrage an den derzeit kommissarisch tätigen Bürgermeister, in dem es um vermeintlich bekannt gewordene Unregelmäßigkeiten bei der Stichwahl geht. Eine Erklärungen an die Bürgerinnen zur allgemeinen Situation gibt es nirgendwo. Der letzte Facebook-Post ist vom letzten Samstag und ruft zur Wahl von Eva Kirchhoff auf. Seither: Nichts. Das gleiche gilt für die Seite der Spitzenkandidatin, auch die Facebook-Seite ist seit der Stichwahl ohne Neuigkeiten.

Die gleiche Situation gilt für die SPD in Iserlohn. Eine quasi statische Web-Seite, die keinerlei Neuigkeiten zum Wahlausgang, oder gar eine Einschätzung bietet. Der Spitzenkandidat hat schon geräumt; aufgeräumter kann eine Seite nicht sein. Sein letzter Tweet ist vom 17. September. Auf der Facebook-Seite: Kein Beitrag zum Ausgang der Wahl.

Die FDP lässt wahrlich schmunzeln: Optimismus ist, wenn man auf der Web-Seite einen runterzählenden Kalender für die Kommunalwahlen im Jahr 2025 einbaut. Keine Aussage zur aktuellen Situation.

Die Grünen glänzen ebenso mit Nicht-Neuigkeiten, die Facebook-Seite war mir schon vor den Wahlen als eine der schlechtest gepflegten aufgefallen.

Die UWG hat auf der Web-Seite ebenso keine Neuigkeiten, die Fraktion auch nicht, die Facebook-Seiten fordern nicht zum Dialog auf.

Und obgleich die Wählergemeinschaft DieIserlohner ein durchaus beachtliches Programm auf die Füße gestellt hatten, indem Transparenz und Bürgerbeteiligung mehr als bei anderen betont worden war, sind auch sie – vielleicht vom Erfolg überwältigt – derzeit still. Immerhin ein aktueller Facebook-Post, dass sie sich freuen. Information findet dort nicht statt.

Warum mich das so sehr ärgert

Mein Credo seit vielen, vielen Jahr ist: Demokratie fängt vor Ort an. Dort, wo die Menschen leben. Die Entscheidungen für das eigene Dorf oder die eigene Stadt werden hier getroffen. Jeder kann daran mitwirken. In den allermeisten Fällen geschieht dies durch die Beteiligung an der Wahl, die Wählerinnen delegieren die Aufgabe an Parteien oder Wählergruppierungen.

Was allerdings die Parteien und Wählergruppierungen bis heute noch immer nicht verstanden haben, ist eine komplett fragmentierte Medienöffentlichkeit, der sie sich anders als bisher stellen müssen. Die Druckauflage des IKZ sinkt kontinuierlich. Das Durchschnittsalter der noch verbleibenden Abonnenten liegt im allgemeinen Erfahrungswert bei etwa oder über 65 Jahren. Wer Menschen erreichen möchte, kann dies heute nur noch über die digitalen Plattformen tun. Man mag und kann über diese Plattformen sehr gern streiten, gleichwohl sind sie in vielen Altersgruppen mittlerweile täglich gelebter Alltag.

Der Wahlkampf hat schon wieder begonnen

Transparente Politik, besonders vor Ort, muss damit leben, und sich darauf einstellen. Wer sich, besonders nach einer solch demokratischen, spannenden und knappen Wahl, jetzt dem Gespräch mit den Bürgerinnen verweigert, muss sich über Politikverdrossenheit nicht wundern. Der Wahlkampf für die nächsten Kommunalwahlen hat am vergangen Montag begonnen. Das Vertrauen auch in die Demokratie vor Ort kann nur über eine höchstmögliche Transparenz wieder hergestellt werden.

Dabei geht es im Moment gar nicht darum, schon jetzt die ersten Lösungen zu vermitteln. Die kann es, noch vor der Konstituierung des neuen Rates und der Einführung des neuen Bürgermeisters, auch gar nicht geben. Die authentische Vermittlung etwa der aktuellen Situation reicht schon völlig aus. Wer macht sich worüber und wie Gedanken, wer redet gerade mit wem, was macht gerade Schwierigkeiten?

Meine Fragen an die lokalen Parteien und Wählervereinigungen ist: Wann macht ihr das endlich besser?

cdv!

 

 

 

 

 

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