Allgemein Alltags-Notizen

Märkischer Kreis: Bürgermeisterinnen vs. Ministerin Gebauer

13. März 2021

Fakten:

Am 13. März ist der Märkische Kreis noch immer der mit dem höchsten Inzidenzwert in Nordrhein-Westfalen. Er beträgt aktuell 140,4. Und steigt stetig. Der Anteil der britischen Mutante des Corona-Virus beträgt nach Informationen des Kreises mittlerweile etwa 60 Prozent. Der Plan der Landesregierung nach Schulministerin Gebauer sieht vor, ab der nächsten Woche die Schülerinnen der weitergehenden Schulen zurück in den Präsenz-Unterricht zu schicken – wenn auch im Wechsel-Modus. Seit einigen Tagen erreichen den Iserlohner Bürgermeister Michael Joithe (Wählergemeinschaft DieIserlohner) eine Reihe von Anfragen und Bitten, die geplante Öffnung der Schulen zu verhindern. Kritisch sehen diese Öffnung auch die Bürgermeister in Halver und Lüdenscheid. Alle haben einen Brief an Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) geschrieben und signalisiert, die Zeit bis zu den Osterferien (noch zwei Wochen) im derzeitigen Status Distanzunterricht belassen zu wollen, um diese Zeit und die Ferien für die aufmerksame Beobachtung des Infektionsgeschehens zu nutzen.

Nach bisherigen Erfahrungen und vorsichtigen Einschätzungen wird die Bitte keinen Erfolg haben. Schon die Anfrage aus Düren an das Ministerium von Yvonne Gebauer, ebenso zu verfahren, um in der gespannten Situation die Lage nicht noch weiter zu gefährden, wurde vom Ministerium abschlägig beschieden. Und den Bürgermeisterinnen sind die Hände gebunden. Sie sind lediglich Schulträger, den Schulen gegenüber jedoch nicht weisungsbefugt. In einem Beitrag des WDR wird deutlich, dass sich der Landrat des Märkischen Kreises, Marco Voge (CDU), für den Präsenzunterricht ausspricht. In einem durchaus ungewöhnlich ausführlichen Pressetext wird zudem darauf verwiesen, das der Inzidenzwert nicht der einzige Faktor zu den aktuellen Entscheidungen des Krisenstabs sei. Noch am gleichen Tag datiert ist eine Presseinformation, nach der die Bürgermeisterinnen des Märkischen Kreises an die Bürgerinnen appellieren, sich weiterhin an die bestehenden Regeln zu halten. So unterschiedlich das Infektionsgeschehen in den 15 Kommunen des Landkreises ist, so sind sich die Bürgermeisterinnen weiterhin einig, weiter einheitlich handeln zu wollen.

Bereits einen Tag zuvor war mitgeteilt worden, mehr auf die Nachverfolgung mit Hilfe der Luca-App setzen zu wollen. Von den Bürgermeisterinnen war dazu bisher nichts zu vernehmen.

Meine Meinung:

Nachdem RKI-Chef Professor Lothar Wieler jüngst vermutet hat, dass wir in Deutschland gegen Ostern einen Inzidenzwert von 350 erfahren werden, ist die Beharrlichkeit von NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer für viele Menschen lebensgefährlich. Meine Vermutung ist, dass wir durch das Zusammentreffen der Schülerinnen eine massive Ausweitung der Infektionen erleben werden. Es mag sein, das Kinder in unterschiedlichen Altersgruppen unterschiedliche Verbreiter des Virus sind, aber allein das Treffen in diesen Größenordnungen – selbst bei Wechselunterricht – widerspricht allen anderen Verhaltensregeln, voran: Kontakte vermeiden.

Es ist verständlich, wenn die Bürgermeisterinnen der betroffenen Städte die für sie ohnehin beschwerliche Lage mit solchen nachvollziehbaren Einschätzungen, wie ich sie vornehme, verhindern wollen. Das schwierige Konstrukt der Strukturen zwischen Land, Landkreis und Kommunen macht es in diesem Fall noch schwerer. Den Bürgermeisterinnen sind die Hände gebunden, obgleich sie am meisten daran interessiert sind, die Pandemie vor Ort wieder in den Griff zu bekommen, wenn auch mit sehr unterschiedlichem Engagement und Können.

Die Erklärung des Märkischen Kreises, dass die Inzidenz nicht der einzige Wert maßgebende Wert ist, geht für mich leider in die Richtung der Aufgabe. Zunehmend schleicht sich das Narrativ „Wir müssen mit der Pandemie leben lernen“ ein, dass ich ebenfalls für verantwortungslos halte. Es gab mehrmals die Möglichkeit, „ZeroCovid“ zu erreichen. Die schwammige Entscheidungslage der Politik hat das verwirkt. Am Ende hat sie immer darauf geschaut, die Wirtschaft – vornehmlich den größeren Mittelstand – zu unterstützen. Eine Kontrolle von Maßnahmen in den Betrieben hat nach meinem Wissen nie stattgefunden. Die schlechte Kommunikation aller Kommunen und deren Gestalterinnen hat auch nicht dazu geführt, die Bürgerinnen wirklich und ernsthaft zu erreichen.

Ministerpräsident Laschet ist in der unglücklichen Konstellation, nun auch noch die Kanzlerkandidatur gegen den bayerischen Ministerpräsidenten Söder erkämpfen zu müssen. Seine Schulministerin schwimmt darin mit, und gefällt sich darin, eine harte Hündin darzustellen. Warum auch immer. Nun mit genauem Augenmaß zu agieren, scheint nicht ihr Ding zu sein. Ich bin gerade mehr als vorher vorsichtig, und warte mal ab.

cdv!

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