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Hoesch-Park: Ein Spaziergang durch die Geschichte

15. September 2019

Isolde Parussel und Annette Kritzler (v.l.) führen durch den kurzweiligen Spaziergang im Hoesch-Park.

Stadtteil-Geschichte im Spaziergang? Geht! Sehr gut sogar. Schon mal vorab: Ein sehr gelungenes Format, kurzweilig und lebendig, während auf dem besagten Gelände durch die Erzählung Vergangenheit und Gegenwart spürbar sind. Das Gelände: Der Hoesch-Park in Dortmund. Besonders lebendig in der jahrzehntelangen Geschichte wird sie durch Annette Kritzler und Isolde Parussel.  Die „VerFührerin“ und die Leiterin des Hoesch-Museums sind eine kongeniale Besetzung für eine Runde, die nurmehr zwei Stunden gedauert hat.

Dass das Gelände des Parks, der heute eine Heimat für Baseball-, Football-, Fußball-Teams, Schwimmer und Tennisspieler bietet, geschichtsträchtig par excellence ist, wird an den ersten Karten deutlich, die Annette Kritzler zu Beginn vorzeigt. Im heutigen Dortmunder Norden bestand um das Jahr 1800 mit damals gerade mal etwa 5000 Einwohnern in der Stadt das umliegende Land aus schweren und sehr feuchten Wiesen. Kein gutes Ackerland, eher Weideland, ein kleines Wäldchen.

Genau der Ort, an dem man auch in Wurfweite mit der Weißen Wiese später den Platz und die Geburtsstunde des BvB verzeichnen kann. Ein Umstand, den man beim sehr erfolgreichen Club heute nicht mehr wirklich auf dem Zettel hat. Gleichzeitig aber auch der Ort, an dem später die Dortmunder Stahl-und Eisen-Industrie seit 1871 mit Hoesch ihre Heimat findet. Nahezu unzählige Pumpen in dieser Flur versuchen seither und noch immer, den hohen Grundwasserspiegel und die Feuchtigkeit im Griff zu halten. Die prosperierende Wirtschaft beschert der Stadt Dortmund ein unglaubliches Wachstum.

Besonders erstaunlich ist es, dass das Unternehmen gerade in den 30er-Jahren des 20. Jahrhunderts auf die Idee kommt, den Mitarbeitern, die schwere Arbeit zu verrichten haben, ein Gelände zur Erholung und Ertüchtigung zu bieten. Mit einigem Arbeitsdienst und dem schon offensichtlich nationalsozialistischen Hintergrund entstehen seit 1937 ein Fußballfeld, eine Radrennbahn und ein Park; Eröffnung ist 1941. Und weil es ein Park ist, besteht der rührige Arbeitsdirektor von Hoesch auf einem Schwimmbad. Das Stockheide-Bad ist heute mehr denn je beliebt.

Annette Kritzler weiß nicht nur die Fakten. Sie weiß auch die Geschichten dahinter. Etwa die der „Liebewiese“, damals wohl ein sehr lauschiges Plätzen am Ende des Parks, in dem nicht wenige der Bewohner der Dortmunder Nordstadt in dieser Natur gezeugt wurden. Sie weiß auch von den Parkwächter-Familien, die in einem stattlichen Haus und Hof einen kleinen Tierpark ihr Eigen nannten, gleichwohl die Liebespaare im Park auch gern mal mit einem 500-Watt-Strahler „behelligten“. Sie weiß um die Kunst, die in diesem Park stattfindet. Sie weiß um alle Hintergründe.

Wunderbar: Die Reste der einst gebauten Radrennbahn im Hoesch-Park.

Die spätere Geschichte der Kohle-, Stahl- und Eisen-Industrie, die in Dortmund und dem Ruhrgebiet später einen der heftigsten Strukturwandel beschert, bekommt auch dem Park nur weniger als mittelgut. Bis endlich die Stadt Dortmund einspringt; mit Fördergeld wird saniert. Den Architekten, die es geschafft haben, ein Baseball-Stadion in die in gut sichtbaren Reste der heute mit Birken durchdrungenen Radrennbahn zu bauen, muss noch heute ein großes Lob gezollt werden. Aktuell gibt es Pläne für eine weitere Sanierung. Der seit Jahren im zuweilen berüchtigten Dortmunder Norden beheimatete Museums-Pädagogin Kritzler sieht man die Anspannung darob an. Sie kennt die Menschen und die Herausforderungen in diesem Stadtteil. Und zeigt ganz nebenbei auf ihren wohl über 70-jährigen Nachbarn, der mit einer durchaus beneidenswerten Geschwindigkeit durch den Park joggt.

Der letzte Weg des Spaziergangs durch den lauschigen Wald führt am Ende aus dem Park hinaus in das nur zwei Straßen weit entfernte Hoesch-Museum, welches seit einem Jahr unter der Führung von Isolde Parussel steht. Wie dem zuletzt durchaus stürmischen Verlauf der Unternehmensgeschichte hat auch das Museum bewegte Zeiten hinter sich, um sich heute mit großem ehrenamtlichen Engagement und sehr viel Detail-Liebe der wichtigen Erinnerung der Unternehmensgeschichte, die gleichzeitig ein Teil der Stadtgeschichte ist, zu widmen.

Wunderbare Details im Hoesch-Museum

Am Ende des Spaziergangs an einem wunderbar warmen und sonnigen Septembertag steht für mich fest: Stadtteil-Geschichte lässt sich am besten bei einem Spaziergang erfahren. In Dortmund sind es bestimmt Annette Kritzler und Isolde Parussel, die mit profunder Sachkenntnis diese Historie und die besonderen Aspekte dieser Stadt in vielen verschiedenen Führungen sehr lebendig werden lassen.

cdv!

 

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